Reisebericht der UpraReise vom 29.7. - 6.8.2000

Prof.Dr.sc. Heinz Hartlepp, Erinnerungen an Samara

Deutsche Spezialisten in der UdSSR von 1946 bis 1954

WIEDERSEHEN NACH 47 JAHREN IN SAMARA

Die ehemaligen Russlandspezialisten haben sich auch nach ihrer Rückkehr in die Heimat häufig zusammengefunden. Während in der BRD regelmässige organisierte Treffen als "Brandnerfamilie" stattfanden, war das in der DDR im grossen Stil nicht möglich. Das Zusammensein beschränkte sich auf den engeren Freundeskreis in den Wohnungen, wo man unter sich war und ungehindert reden konnte. Die Jahre in der UdSSR hatte die Menschen zu-sammengeführt. Erst nach der Wende 1990 wurde ein gemeinsames Treffen aller ehemaligen Spezialisten aus Ost und West möglich. Vom Herausgeber des im Bernard & Graefe Verlag erschienenen Buches "Luftfahrt Ost", Herrn Michels, wurde das vorbereitet und organisiert. Er hatte durch die Recherchen zu diesem Buch mit vielen ehemaligen Spezialisten Kontakte aufgenommen. Auch öffneten sich im Osten Deutschlands viele Archive auch mit den Adressen der ehemaligen Russlandfahrer. Zu Hilfe kam ihm dabei Herr Jochen Werner, der nach der Wende, um weiter arbeiten zu können, als Diplomingenieur das Archiv der Flugzeugwerke Dresden übernommen hatte und sich damit beschäftigte, als Zeitzeuge ein Buch über die Luftfahrtindustrie in der DDR zu schreiben. Beide schlossen sich zusammen und fungierten als Herausgeber. So konnten nahezu alle Spezialisten zu einem an der TU Dresden vor-bereiteten Treffen im Herbst 1995 eingeladen werden. Dieses erste gemeinsame Treffen hatte einen grossen Erfolg. Auch wurde danach für 1996 eine Wolga-Schiffsreise mit Tagesaufenthalten in Podberesje, Samara und Uprawlentscheski vorbereitet an der sich etwa 40 Personen beteiligten. Auf dieser Reise wurde mit professionellem Können ein Video mit mehreren Interviews gedreht, das bedauerlicherweise von keinem Fernsehsender übernommen wurde.

Die Söhne und Töchter der Spezialisten haben sich Dank der Initiative von Herrn Udo Klähn schon eher zu verschiedenen Treffen in Pirna zusammengefunden, entsprechende Räumlichkeiten stellte dankenswerter Weise die Kirchgemeinde Pirna Sonnenstein im neu erbauten Gemeindehaus bereit. Das erste Treffen war 1992. Die Beteiligung war sehr gross, hatten sie doch gemeinsame Schuljahre in Uprawlentscheski verbracht. Ein weiteres Treffen dieser "Upra-Kinder", so haben sie sich selbst genannt, fand im Herbst 1999 in Pirna statt. Herr Udo Klähn hatte bis zu diesem Zeitpunkt auch den Berliner Reiseveranstalter "Lernidee" dafür begeistert, eine spezielle und preiswerte Reise nach Samara zu organisieren. An dieser Reise haben 41 Personen mit grosser Begeisterung teilgenommen. Die Reise war hervorragend organisiert und voll und ganz auf unsere Belange abgestimmt.

Die Reise begann in Berlin-Schönefeld zum Flug mit einer Boeing 737 nach Moskau mit russischer Crew. Wir hatten gutes Flugwetter und damit einen sehr ruhigen Flug. Nach Verlassen des Flugzeuges fand die Einreisekontrolle statt. Sie war zwar problemlos aber wir mussten in einer langen Warteschlange stehen, weil wohl mehrere Maschinen in dichter Folge gelandet waren. Unsere russische Reisebegleiterin, eine gut deutsch sprechende Moskauerin, Luba, empfing uns mit freundlichen Worten. Sie tauschte uns auch kleinere Beträge der mitgebrachten Dollars in Rubel ein, denn Reisende dürfen keine Rubel nach Russland einführen. Ein Sonderbus brachte uns zum Bahnhof. Dort bestiegen wir am Nachmittag den Shiguli-Express (Schlafwagen mit Restaurant) nach Samara. Die uns schon bekannten und noch immer mit Holz beheizten Öfchen zum Aufbereiten von Tee oder Kaffee in jedem Waggon lieferten uns die willkommenen Getränke. Es gab auch Verpflegungsbeutel. Am zeitigen Vormittag kamen wir glücklich und zufrieden in Samara an und wurden zum Hotel Rossia gebracht. Der Blick vom Hotelzimmer im 9. Stock zeigt den Flussbahnhof mit regem Schiffsverkehr. Wir pilgerten zunächst etwas durch Samara, um uns an an den Gedanken zu gewöhnen, dass wir wieder in Russland sind. Nach einem guten Abendessen im Hotel machten wir einen ausgiebigen Bummel auf der sehr schön gestalteten Strandpromenade. Es herrschte ein reges Treiben. Viele Diskos und Tanzkapellen reihten sich aneinander. So ein lustiges, aber sehr gesittetes Treiben überraschte und lud uns zum Verweilen in einer der Sommergaststätten zu einem kühlen Bier ein. Tagsüber lag die Temperatur knapp unter 40 Grad, aber bei dem dort herrschenden Kontinentalklima war die Wärme erträglich. Das Treiben dauerte bis weit nach Mitternacht. Wir trafen keinen Betrunkenen, auch keinen Bettler, so wie das zu unserer damaligen Zeit gewesen wäre. Die Promenade, wie auch die Strassen waren sauber.

Wie hatte sich doch die Stadt zu ihrem Gunsten verändert. Das neue Samara ist kaum wieder zu erkennen. Viele Neubauten. Das erinnerte uns an die Neubauten von Halle-Neustadt, dazwischen eine neu erbaute Kirche mit vergoldeten Kuppeln. Wir tauschten unsere Dollars in der Bank nach Bedarf in Rubel um. An einer anderen Bank eine kuriose Überraschung. Ein Schild "Rubel njet" zeugte offensichtlich davon, dass viele Ausländer im Ort waren. Im alten Stadtkern fanden wir aber auch noch vereinzelt die uns noch von damals bekannten bunten alten Holzhäuser. Sie haben die Zeit überdauert und sind noch bewohnt. Daneben stehen Neubauten. Auch die frühere Ausfallstrasse nach Besemjanka ist weit bebaut. Sie hat viele neue Geschäfte und ebenfalls eine neue Kirche erhalten.

Täglich stand uns ein Bus zur Verfügung. Der erste Besuch galt nach einer Stadtrundfahrt durch das nunmehr ca. 730000 Einwohner zählende Samara, unserem damaligen Wohnort Uprawlentscheski. Die Strecke von Samara nach Upra war auch kaum wieder zu erkennen. Eine breite Asphaltstrasse, ebenfalls weit vor Upra bebaut. Und am früheren Ortseingang noch vor dem Magazin wurde ein neuer Klub gebaut, aber mit den typischen Stehtoiletten! Da merkten wir, dass wir in Russland waren. Hinter dem Klub erstreckt sich ein sehr schön eingerichteter Erholungspark mit Skulpturen und einer gut ausgestatteten Sommergaststätte mit Springbrunnen und darum eine Freifläche mit Kunststoffstühlen und Sonnenschirmen westlicher Herkunft.

Die Einwohnerzahl von Upra hat sich in den Jahren nach unserer Heimkehr von knapp 10000 auf nahezu 30000 erhöht. Ursache ist die gewaltige Erweiterung des Werkes auf etwa das Doppelte an Grundfläche. Der Bummel durch das uns noch gut in Erinnerung gebliebene Magazin versetzte uns in die damalige Zeit gedanklich zurück. Im Magazin sagte uns eine ältere Verkäuferin, dass sie schon 1948 in diesem Magazin gearbeitet habe und die Deutschen sehr gern bedient hat, die wären immer so freundlich gewesen, trotz der oftmals langen Schlangen. Vor dem Haus steht jetzt ein kleiner Imbisstand. Es hat sich dort kaum etwas verändert. Auch die Steinhäuser stehen noch in der bekannten Art. Das früher rote (unverputzte) Haus wurde irgendwann verputzt und hat jetzt in der untersten Etage ein neues grösseres Magazin erhalten.

Auch das damals angefangene Steinhaus vor dem roten Steinhaus ist zwischenzeitlich ein stattlicher Bau geworden. Im Quartal der Holzhäuser hat sich nichts verändert. Auch die Schuppen für Feuerholz von damals stehen noch so schief wie früher. Aber alle Holzhäuser wurden verputzt. Sie haben damit das Idyllische verloren. Auch wurden die meisten schönen Balkons verglast um mehr Wohnraum zu erhalten. Einige von uns haben ihre früheren Wohnungen aufgesucht. Sie wurden begeistert und herzlich empfangen. Es hatte sich im Ort herumgesprochen, dass die Deutschen von damals den Ort besuchen. Dabei konnten wir feststellen, dass die Familien oft die gesamte Wohnung besassen und sich nicht nur mit einem Raum begnügen mussten.

Beim Besuch des Friedhofs konnten wir mit Genugtuung sehen, dass der deutsche Friedhof noch existiert und offensichtlich von der Schule betreut wird. Die Gräber waren noch erhalten und mit Steinen eingegrenzt. Aber die von uns damals, also vor rund 50 Jahren aufgestellten Holzkreuze gab es nicht mehr, dafür hatten die Russen einen grösseren Grabstein mit den Namen der Verstorbenen gesetzt. Um den deutschen Friedhof herum wurde ein russischer Friedhof mit den typischen Eisenumzäunungen für jedes Grab angelegt.

Die hinter dem roten Steinhaus gelegene Finnenhaussiedlung wurde abgerissen und die gesamte Fläche mit neuen 5-stöckigen Wohn-hauskomplexen bebaut, grosse asphaltierte Strassen mit breiten Gehwegen und Grünanlagen zeugen von einer guten städtebaulichen Gestaltung. Auch lassen die vielen Autos auf angestiegenen Wohlstand schliessen, obwohl die Verdienste noch sehr gering sind.

In der neuen russischen Schule erlebten wir einen sehr begeisterten Empfang durch die Schuldirektorin und einigen Lehrern. Begrüsste sie doch ehemalige Schülerinnen und Schüler der Schule, die zum Teil schon älter waren als sie selbst. Beim Rundgang durch die Schule sahen wir im Museumsraum vielerlei Erinnerungsstücke von damals wie, Fototafeln und Alben, die sorgfältig aufbewahrt an die Deutschen erinnern, Mancher er-kannte sich auf den Bildern wieder.

Eine Besonderheit für mich war eine grosse Tafel der Bestarbeiter des Betriebes. Sie stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1951/52 und trägt die Fotos im Format 9*12 cm von deutschen Mitarbeitern des OKB.

Es wurden viele Gespräche mit den Lehrerinnen geführt, aber die damaligen Lehrer sind zwischenzeitlich verstorben. Nach einem Rundgang wurden wir mit Kaffe, Tee, Gebäck und Wurstbrötchen reichlich bewirtet. Im Veranstaltungsraum der Schule empfimg uns der Stellvertreter des Glawni-Konstruktors mit freundlichen und herzlichen Worten. Daran schloss sich eine kleine Kulturveranstaltung mit Tanz- und Gesangsvorführungen von Schülern der höheren Klassen an. Sie hatten das Programm trotz der Schulferien für uns eingeübt.

Zu dieser Veranstaltung hatte ich auch ein Treffen mit Prof. Dr.techn. W.N. Orlow, der seit 1947 in der Turbinenabteilung unter Dr. Cordes gearbeitet hat und nach dem Tod von N.D. Kusnezow Glawni-Konstruktor wurde und einen früheren Mitarbeiter Dr.Kotscherow, der in der Projektierung unter Dr. Vogts gearbeitet hat. Wir alle drei haben uns, inzwischen 75 Jahre alt geworden, wieder erkannt. Meine beiden russischen Kollegen arbeiten noch im Betrieb als Berater. Sie berichteten mir vom Abstieg des Werkes. Da die russischen Flugzeuge nur noch mit englischen Triebwerken ausgerüstet auf westlichen Flugplätzen eine Landeerlaubnis erhalten, seien deshalb seit 1988 keine Triebwerke mehr verkauft worden. Die noch vorhandene Produktion habe man in der Hoffnung auf bessere Zeiten noch 10 Jahre eingelagert, aber dann verschrottet. Das Werk lebt nunmehr von Zulieferungen für kleine Raketen für die Amerikaner. Man traute sich nicht, mir das Werk jetzt zu zeigen. N.D. Kusnezow musste diese Zeit der Zerstörung seines Lebenswerkes noch erleben. Er starb 1996.

Dr. Kotscharow zeigte mir ein druckfrisches Buch in dem alle Triebwerkentwicklungen des Werkes mit Beschreibungen und zahlreichen Zeichnungen und Bildern dargestellt sind. Stolz verwies er mich auf die Einleitung in der auch mein Name als Quellenangabe genannt ist.

Wie haben sich doch die Zeiten geändert. So mieteten die Amerikaner 1999 eine noch flugfähige Überschallmaschine Tupolew TU-144 an, um damit Überschalluntersuchungen für die Neuentwicklung eines neuen Überschallflugzeuges durchzuführen. Das deutsche Fernsehen berichtete darüber. Auch hat das Museum in Speyer im Dezember 1999 als Ausstellungsstück den Grossraumtransporter Antonov AN-22 gekauft. Das Flugzeug wurde 1965 in Kiew gebaut und mit eigener Kraft am 29. Dezember 1999 auf den Flugplatz Speyer von russischen Piloten überführt.

"Mit einer Spannweite von 64 Metern und einem Leergewicht von 114 Tonnen gehört die An-22 zu den Giganten der Lüfte und ist in ihren Ausmassen mit einem Jumbo-Jet vergleichbar. Die Landung auf der nur knapp 1300 Meter langen Rollbahn war daher selbst für erfahrene Testpiloten, die die Antonow in Kiew übernommen hatten, eine fliegerische Herausforderung."..." Es war als ziviles und militärisches Transportflugzeug konzipiert, das Lasten von bis zu 100 Tonnen auch in unwegsame Regionen ohne feste Landebahn bringen konnte. Im Notfall waren für Start und Landung eine feste Graspiste ausreichend. Im riesigen 33 Meter langen und 4,4 Meter breiten Laderaum fanden auch sperrige Transportgüter ausreichend Platz. Maschinen dieses Typs waren u.a bei der Erschliessung Sibiriens von entscheidender Bedeutung." 1)

Mit der AN-22 verbindet uns ehemalige Spezialisten ein besonderer Erfolg. Die Triebwerke, die wir als letztes in Upra mit einer Gegenlaufluftschraube entwickelt haben, wurden vom Kusnezow-team von 12000 PS auf 15000 PS weiter gesteigert und serienmässig in die AN-22 und andere eingebaut. Eine anerkennenswerte Leistung der von uns eingearbeiteten russischen Ingenieure, auf die wir sehr stolz sind. Dieses Flugzeug hatte während seiner gesamten Einsatzdauer keinen Unfall, es ist noch heute das grösste Transportflugzeug der Welt.

Ein weiteres Treffen hatte ich in der Schule mit zwei meiner früheren Zeichnerinnen. Sie waren der Rest meiner damals aus 13 Ingenieuren und Zeichnerinnen bestehenden Gruppe. Sie hatten von unserem Besuch in Samara erfahren. Alle übrigen sind zwischen-zeitlich verstorben.

Die Zeichnerin Sinaida kam als 18-jährige Zeichnerin zu mir, hat dann studiert und einen Ingenieur aus unserem Konstruktionsbüro geheiratet, den ich auch kannte, er ist auch Professor geworden, aber 1997 verstorben. Sie sagte mir, dass sie mich nie vergessen hat, da ich ihr zum Geburtstag stets Blumen geschenkt habe, so einen Chef hätte sie nie wieder gehabt. Eine ihrer zwei Töchter ist Opernsängerin in Strassburg, die andere ist Prima-Ballerina in Stockholm. Jedes Jahr besucht sie beide jeweils für einen Monat. Sie besitzt auch eine Datsche mit 2500qm Land. Ihr Auto hat sie vor zwei Jahren verkauft, weil der Verkehr so gross geworden ist.

Die andere Zeichnerin ist die inzwischen 78-jährige Lidia, sie war später mit einem Oberst verheiratet, der leider vor 10 Jahren starb. Zur Feier des Tages hatte sie ihre Kriegsauszeichnungen als Krankenschwester angelegt. Sie hat mir aus dem Werksarchiv eine Anleitung zur Anfertigung von Perspektivzeichnungen, die ich 1952 für die Zeichnerinnen geschrieben habe, übergeben, dazu eine Seiko-Armbanduhr und ein Foto von sich aus jungen Jahren geschenkt. Ich musste die Geschenke annehmen, denn sonst wären meine ehemaligen Mitarbeiter beleidigt gewesen. Wir kennen ja die Gebräuche und Gepflogenheiten. Aber ich war tief beeindruckt, dass man uns auch nach 47 Jahren nicht vergessen hat. Ich musste ihr versprechen, dass ich ihr einen Brief mit Bildern schicken werde, was auch geschehen ist.

Beide Witwen erhalten eine Monatsrente von je 1000 Rubel, das entspricht etwa 100 DM, keine Witwenrente, da sie ja selbst gearbeitet haben. Sina erzählte mir, dass ihre Wohnungsmiete in den letzten Jahren von 135 Rubel auf 350 angestiegen sei, aber sie käme mit der Rente zurecht.

Natürlich haben wir auch den mitten in Samara etwa 1941 unter einem normalen alten 4-geschossigem eingerichteten Stalinbunker besichtigt. Voller Stolz wurde uns berichtet, dass dieser Bunker mit 36 m unter der Erde tiefer ist als der Hitler-Bunker in Berlin war. Aber Stalin musste den Höhenunterschied über eine Treppe bewältigen. Neuerdings hat man einen 3-Personenfahrstuhl für besondere Fälle eingebaut. Kurios erscheint natürlich, dass sich unmittelbar neben dem Haus mit dem Stalinbunker ein begüterter Ausländer sein grosses prächtiges villenartiges Privathaus errichtet hat. In diesem Zusammenhang sei gesagt, dass der Unterschied zwischen arm und reich riesengross ist. Das wird auch deutlich an den Fahrzeugen im Strassenverkehr sichtbar. So betragt der Preis für einen Shiguli knapp unter 80000 Rubel, aber für einen Mercedes oder BMW muss man in der Grössenordnung von einer Million Rubel auf den Tisch legen. Und wir haben in Samara einige Mercedes- und BMW-Wagen mit Ortszulassung gesehen. Daneben verkehren die uns noch bekannten Wolga-Taxis und ältere Moskwitsch.

Einen ganzen Tag haben wir auf der uns vertrauten Wolgainsel verbracht. Von Krasnaja Glinka aus haben wir die Insel mit einem Motorschiff umfahren und sind an einer speziell für die Inselbesucher angelegten Anlegestelle ausgestiegen. Die damals eigentlich nur von uns Deutschen zur Erholung genutzte Insel hat sich in ihrer Nutzung total verändert. Viele kleine Wochenendhäuser dienen als Erholungsstätte. Wir legten uns an den wunderbaren Strand und genossen das Baden in der Stromwolga. In dem vom Werk eingerichteten grösseren Restaurant haben wir sehr gut zu Mittag gegessen. Der Wasserspiegel ist durch das Wolgakraftwerk auf der Insel nach Aussagen des Schiffskapitäns um etwa 4 Meter angestiegen. Die Insel ist dennoch so wie früher geblieben. Da wurde uns erst so recht bewusst wie hoch sie damals aus dem Wasser herausragte.

Ein weiterer Ausflug führte uns nach Togliatti in das von den Italienern gebaute Automobilwerk. Wir konnten die 2 Km lange Fliesstrasse besichtigen. Nach Auskunft des sehr gut deutsch sprechenden russischen Begleiters der Firma sollen die Arbeiter am Fliessband einen Monatslohn von etwa 5000 Rubel erhalten. Aber auf Befragen einer Arbeiterin am Band nannte diese uns als Verdienst nur 2500 Rubel. Das Werk ist sehr grosszügig gebaut. Zwischen den Werkhallen sind gepflegte Grünanlagen angelegt. In einer der neben dem Band etwa aller 500 Meter eingerichteten Imbisstuben haben wir ein reichhaltiges Speisenangebot vorgefun-den und uns gut beköstigt.

Nach der Betriebsbesichtigung fuhren wir an den nahegelegenen Staudamm und haben vom Wasserkraftwerk eine wunderbare Aussicht auf die Landschaft geniessen können.

Am vorletzten Tag unseres Samara-Besuches haben wir einen ausgiebigen Bummel durch die Stadt und den Basar gemacht, der in einer grossen Halle untergebracht ist.

Am Abend hatten wir für unsere Gruppe einen kleineren Wolgadampfer mit Buffet für eine Fahrt zum Shiguli-Tor zur Verfügung. Bei herrlichem Wetter konnten wir noch einmal die Shiguli-Berge bewundern und einen Bilderbuch-Sonnenuntergang erleben.

Am letzten Tag ging es wieder mit dem Shiguli-Express zurück nach Moskau wo wir bis zum Abflug nach Berlin eine Stadtrundfahrt machten sowie um und auf dem Roten Platz entlang bummelten. Auch hier haben wir den Baufortschritt und die ausgestalteten Plätze und Anlagen sowie neue Geschäfte bewundert. Auch hier herrschte überall Sauberkeit. Auf dem Roten Platz haben wir eine friedliche Demonstration von etwa 100 Altkommunisten mit roten Fahnen erlebt. Sie wurden kaum beachtet.

Unsere Reise in die Vergangenheit hat uns in das neue Russland geführt. Alle Russen waren sehr freundlich. Sie hoffen unverdrossen auf bessere Zeiten.

Dieser Artikel wurde mir 2000 freundlicherweise von Herrn Hartlepp auch zur Veroeffentlichung im Internet zugesandt. Karl Breuninger

20.7.2023